Gutachten Sonderprüfform Jedermannrechte
Nachdem wir uns einem normalen Gutachten für das Strafrecht gewidmet haben, schreiben wir nun ein Sondergutachten für einen Sachverhalt in welchem ein Jedermannsrecht angewendet wird. Diese Prüfung kann zwar auch in dem Schema des Grundgutachtens verfasst werden, ist allerdings nicht notwendig für die Prüfung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Hier zeigen wir dir ein entsprechendes Sondergutachten.
Dazu nehmen wir folgenden Sachverhalt an:
Sie sind einsetzt als Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutz eines Werkes. Zu Ihren Aufgaben gehören unter Anderen, die Kontrolle von einfahrenden Fahrzeugen und eintretenden Personen. Als Sie die Person A ansprechen und nach Ihrem Firmenausweis fragen antwortet diese :“ Du Arschloch kannst mich mal, ich zeige dir gar nichts!“ Sie und Ihr Kollege sprechen deeskalierend mit der Personen und verwehren Ihr den Einlass, wenn Sie Ihnen kleine Legitimierung vorlegen will. Die Person holt mit der Faust aus und will Ihnen einen gezielten Faustschlag ins Gesicht versetzen. Sie wehren diesen Faustschlag mit einer Hebeltechnik ab und fixieren die Person mittels dieses Griffs. Ihr Kollege alarmiert zeitgleich die Polizei.
Auf welches Ausnahmerecht können Sie sich berufen?
Die Aufgabe stellt uns also vor die Frage, welches Jedermannsrecht hier zur Anwendung gekommen ist. Selbstverständlich könnten Sie hier auch die Allgemeine Selbsthilfe und deren Grenzen (§§229,230 BGB) prüfen, wir haben uns dafür entschieden die Notwehr und die vorläufige Festnahme zu prüfen.
Gutachten gesamt:
Im oben genannten Fall, könnte es sich um Notwehr gemäß §32 StGB und die Vorläufige Festnahme gemäß §127,1 StPO handeln, denn:
Gutachten Notwehr:
Notwehr ist diejenige Verteidigung die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff abzuwenden.
Verteidigung
Wille: Der Sicherheitsmitarbeiter handelte in dem Willen sich zu verteidigen (kein Angriffswille)
Handlung: Der Hebelgriff sollte den Faustschlag der A unterbinden
Erforderlich
geeignet: Der Angriff wurde sofort abgewehrt und
geboten: Ein erneuter Angriff konnte durch den Hebelgriff unterbunden werden
Verhältnismäßig: Die Prüfung der zur Verfügung stehenden Mittel wurde beachtet, der Sicherheitsmitarbeiter hat ein mildes Mittel angewandt
Gegenwärtigkeit
Der Angriff der A fand zum Zeitpunkt der Notwehrhandlung grade statt. Eine Beendigung oder Rücktritt waren nicht zu erkennen
Rechtswidrig
Der Täter handelte rechtswidrig (versuchte Körperverletzung) und hatte für sein Handeln keine Rechtfertigung.
Gutachten Vorläufige Festnahme
Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt: Der Täter wurde bei Begehung der Tat von dem Sicherheitsmitarbeiter gesehen, da dieser Opfer der Straftat (Körperverletzung gemäß §223 StGB) werden sollte.
Identität unklar oder Fluchtverdacht: Zum Zeitpunkt der Tat, waren dem Sicherheitsmitarbeiter die Personalien des Täters unklar. Start der Konfrontation welche letztlich in die Straftat führten, war die Feststellung der Personalien am Eingangstor.
Fazit:
Im oben genannten Fall hat der Sicherheitsmitarbeiter gemäß §32 Notwehr gehandelt und die anschließende Festnahme für Jedermann gemäß §127,1 StPO durchgeführt.